Beim Aufräumen fiel mir mein altes Schulheft in die Hände: „Sachkunde – 4. Klasse 1986“.
Der Unterricht bei Frau S. (Gott-hab-sie-selig) bestand Stunde für Stunde darin, dass sie Dinge an die Tafel malte – exakt nach ihren Vorlagen, die sie seit den 60er-Jahren benutzte – und wir das abmalten. Für die Notengebung wurden dann die Hefte kontrolliert. Fragen, die ihr „bewährtes“ Material in Frage stellten, wurden abgeschmettert. Aber dazu mehr – zu einem anderen Zeitpunkt.
Zeitsprung: Es muss 2010 gewesen sein. Im Rahmen meiner Ausbildung zur Lehrerin der Alexander-Technik stand sogenanntes „Body-Mapping“ auf dem Stundenplan. Der Inhalt besteht darin, das eigene Körperverständnis mit der anatomischen Realität abzugeleichen und den Effekt zu beobachten, den diese Korrektur bewirkt.
Und ich erinnere mich gut, wie ich die Augen nicht von diesem Wirbelkörper lassen konnte und immer wieder dachte: „Aber das Rückenmark? Wo ist denn das Rückenmark? Wenn doch das ganze Körpergewicht auf der Wirbelsäule lastet, dann wird doch das Rückenmark gestaucht!“
Es dauerte, bis ich verstand. Die Wirbelkörper mit den Bandscheiben sind stabile, tragende Elemente. Der Kanal für das Rückenmark ist weiter „hinten“ und knöchern ummantelt.
Der Effekt war grandios! Schließlich hatte ich – ganz unbewusst – mein Leben lang versucht, der Wirbelsäule nicht „soviel zuzumuten“, schließlich könnte das mein Rückenmark gefährden. Mein Selbstbild änderte sich schlagartig von unbewusster Vorsicht zu bewusstem Zutrauen in meinen Rücken. Die Bewegungen veränderten entsprechend die Qualität.
Und ich begann mich zu fragen, woher diese felsenfeste Überzeugung in mir kam, dass das Rückenmark durch die Bandscheiben verläuft. Heute weiß ich es. Und Du auch. Was für ein (Körper)-Glück!
Welche herrlichen Irrtümer hast Du zu bieten? Ich freue mich auf Deine Fragen und Anregungen!
I could feel the effect in me too when I read your blog.Thank you!
Hi Stefanie,
schöner Beitrag – wie überhaupt deine Beiträge… chapeau!
Mein Body-mismapping Beispiel ist ein klassischer „Folgefehler“, verursacht durch: Bodymapping 😛
Gelehrt wurde: Fingerbewegungen werden durch Muskeln des Unterarms initiiert. Meine Folgerung: außer für den Daumen gibt es keine weiteren Muskeln in den Händen.
Erst durch ein Gespräch mit einer AT-Azubi aus Heidelberg mit Physio-Background wurde mein Missverständnis aufgedeckt und meine Hände wieder „voll“ im besten Sinne.
Also: eigenes „Wissen“ (halbbewusste Vermutungen) unreflektiert durch fremdes „Wissen“ (Bodymapping) 1:1 zu übernehmen ist keine Garantie für eine lebendige, integrierte Erfahrung/Weisheit.
Liebe Grüße,
Uli
Lieber Uli,
sehr spannend! Denn in den Fingern sind ja keine Muskeln, wohl aber in der Hand. Und gerade am Cello ist es für mich eine Erleichterung, mir immer wieder klar zumachen, dass mein kleiner Finger nicht „schwach“ im eigentlichen Sinne ist, weil ja gar keine Muskeln drin sind 🙂
Unkoordiniert ja. Schwach nein.
Danke für den Kommentar!
Herzlich, Stefanie